Wann kommt der Tag X?

Ich liebe meine fast 13-jährige Schäferhündin sehr. Immer häufiger aber ertappe ich mich bei dem Gedanken, wie es wohl sein wird, wenn der Tag X kommt. Noch erfreut sich Sina bester Gesundheit, ist agil, sieht für ihr Alter viel jünger aus und genießt (fast) jeden Spaziergang. Doch es gab sie schon, die Tage, an denen mir der Kloß tief im Hals saß, als der Tierarzt eine Geschwulst im Bauchraum (Gott sei Dank gutartig) operativ entfernen musste und beim Röntgen danach Spondylose feststellte, die die geliebten Spaziergänge auf nunmehr ca. 3,5 Stunden täglich reduziert. Das Hinken ist nun wieder verschwunden, aber ich spüre, dass sich der Hund nach mehr Ruhe sehnt, im Dunkeln nicht mehr so gerne laufen will und seit der OP anhänglicher geworden ist. Also tolerieren wir, dass er nachts im Schlafzimmer liegt, was vorher nicht so sehr erwünscht war.

Allerdings muss ich zugeben, dass mir die Tränen in die Augen schießen bei dem Gedanken, Sina eines Tages zur Regenbogenbrücke ziehen zu lassen. Wie damit umgehen, diese leuchtenden, sich stets mitteilenden Augen nicht mehr zu sehen, das samtweiche Fell nicht mehr berühren zu können. Egoistische Gedanken kommen mir abschiedin den Sinn, um der Trauer vorzubeugen, bzw. ihr zu entfliehen. - Wie wäre es mit einem jüngeren Zweithund, der würde uns doch ablenken, seine Rechte einfordern, wenn Sina von uns geht. Doch ich schäme mich ein wenig und denke, wo bleibt der Respekt dem alten Tier gegenüber, das doch immer im Mittelpunkt stand und keine Götter neben sich dulden mochte. Haben wir es nicht erst kürzlich in der eigenen Familie erlebt, dass die Trauer erlebt und verarbeitet werden will, ohne wenn und aber? Muss das nicht auch für Tiere gelten?

Fest steht für uns, dass Sina nicht leiden soll. Alle verfügbaren finanziellen Mittel sollen für sie vorhanden sein. Lieber kein Urlaub, wenn es eng wird. Sie soll hundegerecht alt werden dürfen, wenn nötig Linderung durch Medikamente erhalten, aber wir hoffen, dass wir genug Verstand haben, der uns sagt, nun ist es genug, es reicht, der Hund leidet, hat kaum noch Lebensqualität und muss erlöst werden. Und voll der Emotionen hoffen wir, dass es sie dann gibt, die Freunde und Bekannten, die uns rechtzeitig daran erinnern, dass es Zeit wird …


Der Tag X